Es geht die Legende, dass irgendwann zwischen dem 13. und 14. Jh. ein Schäfer am Monte Artagan eine Holzfigur der Jungfrau María gefunden hatte. Sie erschien in der Höhlung einer Steineiche, als sei sie selbst aus dem Boden gekeimt. Die Bewohner wollten einen besseren Ort für eine Kirche zu Ehren des wundersamen Bildnisses suchen. Als sie versuchten sie dorthin zu bringen, verwurzelte die Holzfigur jedoch im Boden und eine mysteriöse Stimme rief:  ¡Bego oina! (Stehengeblieben!) Der Tempel musst an Ort und Stelle errichtet werden und seitdem ist die Figur unter dem Namen Begoña bekannt und wurde zur Schutzpatronin Bizkaias und „amatxu“ (Mama) der Bizkainos. An diesem Ort, wo einst besagte Holzkirche stand, erhebt sich heute die gotische Basilika Nuestra Señora de Begoña, von Anfang des 16. Jh, die seitdem die Stadt Bilbao und die Ría des Nervión überblickt.

“Amatxu”: Die Jungfrau des Volkes

Die Basílica de Nuestra Señora de Begoña ist das neuralgische Zentrum des im oberen Teil Bilbaos gelegenen Distrikts Begoña und ist der ganze Stolz der Bizkainos, die jeden 11. Oktober am Tag der „Amatxu in einer Wallfahrt den Tempel aufsuchen, um ihre Jungfrau zu verehren. Am Tag der Mariä Himmelfahrt, am 15. August, erreichen Tausende von Pilgerern, die die ganze Nacht aus allen Himmelsrichtungen nach Bilbao gewandert sind, den Stadtteil Begoña und nehmen am Morgen an den Messen zu Ehren der Jungfrau teil.

Basílica de Nuestra Señora de Begoña

Diese innige Beziehung des baskischen Volkes zur Jungfrau erklärt sogar den Ursprung der Basilika, die im 16. Jahrhundert mit den Almosen der Einwohner Bilbaos finanziert wurde. Daher sind die Säulen des Mittelschiffes nicht mit den Wappen von Adelsfamilien gekrönt, sondern mit den Emblemen der Kaufleute und Zünfte, die an der Errichtung des Tempels beteiligt waren. Der Entwurf im gotischen Stil von Sancho Martínez de Asego wird vom monumentalen Portal in manieristischer Triumphbogenform unterbrochen und stammt bereits aus Mitte des 16. Jh. Die Bauarbeiten zogen sich ein ganzes Jahrhundert hin, weshalb die bemalte Holzfigur der Jungfrau vor 1603 nicht die neue Kirche beziehen konnte.

Das baskische Volk hat von jeher eine ganz besondere Beziehung zu Nuestra Señora de Begoña gehabt, die sie als ihre Schutzpatronin ansehen. Es geht die Legende, dass wenn eine Katastrophe die Stadt heimsuchte, die Menschen die Jungfrau durch die Straßen trugen und die Überschwemmungen und Epidemien zurückgingen. Die Seeleute, die von hoher See zurückkamen, warteten ungeduldig darauf, die Kurve der Ría des Nervión zu erreichen, von der aus sie in der Ferne endlich den Turm der Basilika erblicken konnten. An diesem Punkt erstrecken sich heute die Brücke und der Platz La Salve, die ihren Namen den Salve Regina zu verdanken haben, die die Fischer zu Ehren der Jungfrau sangen, zum Dank sie auf ihrer Fahrt beschützt zu haben. Selbst heute beschert der Fußballclub Athletic de Bilbao der Jungfrau jedes Jahr eine Blumengabe zu Beginn der Saison, um sie um Glück zu bitten.

Basílica de Nuestra Señora de Begoña

Von Napoleon bis zu den Karlistenkriegen: Die Basilika wurde zur Festung

Im 19. Jh. diente die Basilika eher einem militärischen statt religiösen Zweck, angesichts der verschiedenen Belagerungen, denen die Stadt ausgesetzt war und die das Gebäude stark beschädigten und zur Folge hatte, dass der Glockenturm zweimal einstürzte.

Während der napoleonischen Invasion im August 1808 plünderten die französischen Truppen die Basilika, ermordeten den Pfarrer und verursachten große Schäden. Der Glockenturm hingegen hielt dem ersten Karlistenkrieg stand. Im Jahr 1835, nach der Belagerung, die einen ganzen Sommer gedauert hatte, nahmen die liberalen Truppen den Rückzug der Karlisten zur Gelegenheit und sprengten den Turm, damit die feindliche Artillerie ihn nicht wieder nutzen konnte. Am 15. Juni desselben Jahres wurde der berühmte General Zumalacárregui bei der Kirche von einer verirrten Kugel getroffen und starb 9 Tage später an den Folgen, weshalb der Tempel zum Pilgerort der Karlisten wurde. 1836 hielten die Liberalen einem erneuten Angriff der Karlisten stand, obwohl sie als Brennstoff Schränke, Holzdielen und leider auch ein barockes Retabel verwendeten hatten, das 1869 durch eines im isabelinischen Stil ersetzt wurde.

Der neue, 1850 fertiggestellte Turm hielt nicht lange: Im Jahr 1873 wurde die Basilika während des dritten Karlistenkrieges bombardiert und der Glockenturm stürzte erneut auf das Schiff der Kirche. Sein Wiederaufbau 1881 war allerdings nicht der endgültige, da der heutige Turm ein Werk des Architekten José María Basterra ist, der ihn im 20. Jh. zum dritten und hoffentlich zum letzten Mal errichtete.