Ende 1984 wurde die Euskalduna-Werft nach fast einhundertjährigem Bestehen inmitten von heftigen Unruhen aufgrund der industriellen Umgestaltung der Stadt geschlossen. Bilbao verabschiedete unter Tränen eine Epoche, begann jedoch eine neue: Seit 2003 beherbergen die Einrichtungen der ehemaligen Werft am Ufer des Nervión das Itsasmuseum Bilbao, das Schifffahrtsmuseum, dessen Fläche von 27.000 Quadratmetern einen liebevollen, didaktischen und nostalgischen Blick auf die von Industrie und Handel geprägte Vergangenheit der Stadt wirft. Der Kran namens Carola, der bis zur Schließung der Werft in Betrieb war und noch heute am alten Trockendock (dem Museumsgelände im Freien) in den Himmel ragt, symbolisiert jene Epoche.
Die Indoor-Ausstellung, eine historische Fahrt durch die Ría
Mit 3.500 Quadratmetern ist der Innenbereich des Museo Marítimo de Bilbao ein Beispiel der Anpassung an die Umgebung, da er sich buchstäblich unter der Euskalduna-Brücke, die die Ría überquert, befindet. Die Ausstellungsfläche ist in drei Bereiche unterteilt, die die Entwicklung im Laufe der Geschichte der Ría des Nervión beleuchten, durch die das Eisen aus den Gießereien, die Wolle aus Kastilien, die Manufaktur aus Nordeuropa, die Kohle und Eisenerz aus dem 19. Jh. transportiert worden waren. Der Besucher erhält auch einen Einblick in die verschiedenen Phasen des Hafens von Bilbao, der von einem bescheidenen Seehafen, in dem im Mittelalter die Handelsware an Land ging, zu einem Industriehafen wurde, der dem Bergbau und der Stahlindustrie im 19. und 20. Jh. logistische Unterstützung bot.
Schaluppen, Ruderboote, Schuten, Galeonen, Schleppkähne, Öltanker … Das Museum erklärt uns alle Schifftypen, die seit der Gründung der Stadt 1300 die Ría von Bilbao befahren haben, sowie die verschiedenen Lebensweisen an Bord und jene mit dem Meer verbundenen Berufe, die sich im Laufe der Zeit geändert und spezialisiert haben.
Das Gebäude bietet zudem einen Bereich für Wechselausstellungen, die mit der Schifffahrtsgeschichte Bilbaos verbunden sind, sowie Workshops, eine permanentes Zentrum zur Veröffentlichung von Informationen, einen didaktischen Raum und einen interaktiven Multitouchscreen, auf dem die Umgebung und ihre Geschichte virtuell erforscht werden kann.
Die Outdoor-Ausstellung, dort wo die eiserne Vergangenheit rostet
Die alten Trockendocks der Euskalduna-Werft, mit rund 20.000 Quadratmetern, stellen das Szenario der Ausstellungsfläche unter freiem Himmel des Schifffahrtsmuseums dar. Hier sind verschiedene Schiffe, die Casa de Bombas – verantwortlich für das Füllen und Leerpumpen der Docks – sowie der mythische Kran Carola ausgestellt. Der legendäre Dique 1 – ein Trockendock aus dem Jahr 1868 – ist das älteste dem Schiffbau gewidmete Dock Spaniens.
Unter den erhaltenen Schiffen befindet sich ein altes Lotsenboot, das die Schiffe in den Hafen führte; das 1958 für die Küstenfischerei gebaute Nuevo Antxustegui, das Rettungsboot Bizkaia I oder die Segelyacht BBK Euskadi Europa, mit der der Segler José Luis Ugarte 1993 bei der Non-Stop-Regatta für Einhandsegler Vendée Globe die Welt umrundete. Hier erfährt der Besucher auch die lange und bewegende Geschichte des gánguil Portu, ein Boot, das dazu benutzt wird Abfälle aus den Hafengewässern zu fischen. Portu war das erste Boot, das 1902 in der Euskalduna-Werft gebaut wurde und 65 Jahre in Betrieb war, die Schlacke der Hochöfen aufsammelte und in Punta Galea deponierte.
Hat das 1903 gebaute sogenannte Pumphaus – Casa de Bombas – die Ehre das letzte noch stehende Gebäude der alten Werft zu sein, so ist der Kran Carola zum emblematischsten Element des Museums geworden. 60 Meter hoch und 30 Tonnen schwer ist der einzige Baukran für Schiffe, der in Bilbao noch zu sehen ist. Ironischerweise verdankt der beeindruckende Gigant seinen Namen einer schönen, zierlichen Frau, die täglich die Ría im Boot auf dem Weg zur Arbeit überquerte. Sie war so attraktiv, dass sie buchstäblich die Produktion anhielt, da die Arbeiter innehielten, um ihr hinterherzugucken. Man sagt, der Werftdirektor hätte ihr sogar ein Auto angeboten, um sie jeden Morgen zur Arbeit zu fahren. Carola nahm das Angebot jedoch nicht an und überquerte weiterhin die Ría.