Der alte Mann und das Meer: Auf den Spuren von Hemingway in Kuba

Der US-amerikanische Schriftsteller war ein Kosmopolit und an vielen Orten der Welt zuhause. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass Ernest Hemingway in Kuba einen Ruhepunkt gefunden hatte, zu dem er immer wieder zurückkehrte und wo er sich schließlich ganz niederließ. Noch heute kann man auf der tropischen Insel auf den Spuren des Nobelpreisträgers wandeln

Kubanische Flaggen in einer Straße in Havanna.
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Die Liebe war gegenseitig. Im Gegensatz zu anderen Orten wie Pamplona, wo man dem Ausländer eher mit Misstrauen und Unverständnis begegnete, adoptierte Kuba Hemingway als einen echten Sohn des Landes. „Papa Hemingway“ wird er von den Kubanern genannt, und er selber bezeichnete sich gerne als un cubano sato, „einen waschechten Kubaner“. Die sanfte Brise des Meeres, der Charakter der Menschen und nicht zuletzt der Fischreichtum des kubanischen Meeres hatten es dem US-Amerikaner angetan. So sehr, dass nicht nur sein wohl berühmtester Roman –Der alte Mann und das Meer – in Kuba angesiedelt ist, sondern dass man in all seinen Werken merkt, dass Hemingway Kuba aus der Sicht eines Einheimischen beschreibt und nicht aus der Perspektive eines ausländischen Beobachters. Die Kubaner wussten diese Liebe zu schätzen und pflegen bis auf den heutigen Tag die historischen Orte, an denen der Autor während seiner Zeit in Kuba verweilte.

Fast ein Drittel seines Lebens verbrachte Hemingway in Kuba

Der Schriftsteller betrat die Insel zum ersten Mal In 1928 bei einem Zwischenstopp auf dem Weg nach Key West, in Begleitung seiner zweiten Frau Pauline. Die Hauptstadt Havanna besuchte er zum ersten Mal 1932, aber erst 1939 ließ er sich hier definitiv nieder, und zwar zunächst als Dauergast im Hotel „Ambos Mundos“, mitten im Stadtzentrum in der belebten Calle Obispo. Hier fühlte er sich so wohl, dass er ganze neun Jahre im selben Zimmer blieb, das in seinem Originalzustand belassen wurde und heute eine Touristenattraktion in Havanna darstellt.

1940 kaufte er schließlich auf Dringen seiner dritten Frau Martha Gellhorn, die sich weigerte, in einem Hotelzimmer zu leben, das Anwesen Finca Vigía in San Francisco de Paula, einem Vorort der Stadt, das bis kurz vor seinem Selbstmord im Jahre 1961 seine Winterresidenz sein würde und wo viele seiner berühmtesten Werke entstanden. Auch nach der kubanischen Revolution verließ Hemingway Kuba zunächst nicht. Erst sein schlechter Gesundheitszustand und seine zunehmenden Depressionen veranlassten ihn, 1960 nach Illinois zurückzukehren, wo er sich 1961 das Leben nahm.

Statue von Ernest Hemingway, Kuba: in der Bar Floridita in Havanna.

Statue des Schriftstellers in der Bar Floridita in der kubanischen Hauptstadt

Das Zentrum von Havanna: Hemingways erster Wohnsitz

Wenn du bei deiner Reise nach Kuba auf den Spuren Hemingways wandeln möchtest, ist ein Abstecher in die kubanische Hauptstadt ein Muss. Den Hauptteil seiner Zeit in Kuba verbrachte Hemingway in Havanna, wenn er nicht gerade mit seinem eigenen Boot – der Pilar - in den Cayos im Norden der Insel unterwegs war. Und vor allem in den ersten Jahren war er tagtäglich im historischen Zentrum unterwegs, dessen pralles Leben er in vollen Zügen genoss. 

Die Calle Obsipo verströmt noch heute eine magische Aura, die uns verstehen lässt, warum Hemingway sie fast zehn Jahre lang täglich rauf und runter gelaufen ist

Der klassische Hemingway-Rundgang beginnt beim bereits erwähnten Hotel „Abos Mundos“ in der legendären Calle Obsipo, einer der ältesten Straßen Havannas, die noch heute mit ihren hübschen Fassaden, ihren neckischen kleinen Läden, alten Apotheken, Buchhandlungen, Museen und Restaurants eine magische Aura verströmt, die uns verstehen lässt, warum Hemingway sie fast zehn Jahre lang täglich rauf und runter gelaufen ist.

Vieles erinnert hier an den Schriftsteller aus Illinois, denn Hemingway ist zu einer Ikone der kubanischen Kultur geworden. Sein Abbild ist in den Straßen der Stadt fast ebenso so häufig anzutreffen wie das des Che Guevara, und es gibt kaum eine Buchhandlung, die kein Buch des Autors in ihrem Schaufenster hätte.

Bunte Häuser in der Altstadt von Havanna.

Die pittoreske Altstadt von Havanna, Hemingways Zuhause für fast 10 Jahre

La Bodeguita del Medio: hier trank Hemingway seine Mojitos

Hemingway war für seinen exzessiven Alkoholkonsum bekannt bzw. berüchtigt. In Kuba erlag er zwei Versuchungen, denen es auch wirklich sehr schwierig ist, zu widerstehen: dem Mojito und dem Daiquiri. Überliefert ist sein bekannter Spruch: „My Mojito in La Bodeguita, and my Daiquiri in El Floridita“. Mit La „Bodeguita“ ist La Bodeguita del Medio gemeint, wo er diesen Satz tatsächlich an die Wand schrieb. Das Lokal wurde seinerzeit von zahlreichen Künstlern und Intellektuellen besucht, von denen sich viele auf den Wänden der Bar verewigten. 

La Bodeguita del Medio wurde seinerzeit von zahlreichen Künstlern und Intellektuellen besucht, von denen sich viele auf den Wänden der Bar verewigten

Im Zuge der Revolution wurde die Bar geschlossen und die Wände gestrichen. Später wurde die ursprüngliche Dekoration der Bar anhand von alten Fotos jedoch rekonstruiert, die Unterschriften neu gezeichnet und viele der alten Bilder, die die Wände zierten, wieder aufgehängt. So kann man hier heute wieder das authentische kubanische Ambiente (und natürlich die authentischen kubanischen Mojitos) genießen, wie der Schriftsteller sie damals vorfand. Der von Hemingway geprägte Spruch hängt eingerahmt an einem prominenten Platz der Bar.

Als Kuriosität sein erwähnt, dass die Die Minzart, die für die Zubereitung eines Mojito verwendet wird - die Hierbabuena oder Mentha Nemorosa - den Beinamen „Hemingway-Minze“ trägt.

Eine Stammbar von Hemingway, Kuba: die Bodeguita del Medio in Havanna.

Die restaurierte Bodeguita del Medio

El Floridita: der Geburtsort des Hemingway-Daiquiri

Die andere berühmte Bar in Havanna, in der Hemingway Stammgast war, befand sich in derselben Straße wie sein Hotel, der Calle Obispo. Sie war berühmt für ihre Daiquiris, einen karibischen Cocktail, der nach der kubanischen Siedlung Daiquirí benannt ist. Der Dauquiri wurde nicht in der Bar El Floridita erfunden, wohl aber die sogenannte Hemingway-Variante, die der Barkeeper eigens für den Schriftsteller mixte. Besteht ein Daiquiri normalerweise aus Limettensaft, Zucker und Rum, gab Hemingway die Anweisung: „Lass den Zucker weg und verdopple den Rum“. Ein ziemlich starker Drink also! Später wurde dieser Cocktail mit Maraschino-Likör verfeinert, um ihn auch für ein breiteres Publikum genießbar zu machen.

Im El Floridita erinnert noch heute eine lebensgroße Statue an den Schriftsteller. Sie zeigt ihn gemütlich über die Theke der Bar gelehnt mit einer einladenden Geste. Ganz so, als würde er gleich seinen nächsten Drink bestellen und ein Gespräch mit seinem Thekennachbarn anknüpfen.

Floridita-Bar, Havanna.

Bar Floridita in der Calle Obispo

Finca Vigía: das Ernest Hemingway-Haus auf Kuba

Um weiter auf den Spuren des Schriftstellers zu wandeln, musst du dich ein bisschen außerhalb begeben, in den Vorort San Francisco de Paula, etwa 15 km südöstlich des Zentrums von Havanna, wo Hemingway 1940 das auf einem Hügel gelegene Anwesen Finca Vigía kaufte. Wenn man die üppigen Gärten mit über 500 Pflanzenarten betritt, die das Anwesen umgegeben, und die herrliche Aussicht auf die gesamte Stadt Havanna von der hinteren Terrasse aus betrachtet, kann man verstehen, weshalb Hemingway sich an diesem einzigartigen Ort so wohl gefühlt hat. Hier schrieb er den größten Teil seines Klassikers Wem die Stunde schlägt über den spanischen Bürgerkrieg sowie sein wohl berühmtestes Werk: Der alte Mann und das Meer. Und hier empfing er berühmte Persönlichkeiten und Freunde aus aller Welt.

Das Anwesen wurde nach Hemingways Tod in ein Museum umgewandelt

Das Anwesen wurde nach Hemingways Tod in ein Museum umgewandelt, das erste Hemingway-Museum der Welt. Die meisten persönlichen Gegenstände, viele Kunstwerke sowie die umfangreiche Bibliothek mit über 9.000 Exemplaren, die die Eheleute Ernest Hemingway und Mary Welsh (seine vierte Frau) beim Verlassen des Landes in der Finca Vigía gelassen hatten, befinden sich noch heute in diesem Museum. Nach Angaben der kubanischen Regierung wurde das Haus von Hemingways Witwe an den kubanischen Staat gespendet, nach anderen Versionen handelte es sich wohl mehr um eine Enteignung. Wie dem auch sei, befindet sich das einst baufällige Gebäude heute in einem guten Erhaltungszustand mit der originalen Einrichtung, wie sie von Welsh gestaltet wurde.

Das Haus kann nur von außen besichtigt werden. Dank der großen Glasfenster, mit denen es ausgestattet ist, entgeht einem trotzdem kein Detail.

Haus von Ernest Hemingway, Kuba: Wohnzimmer in der Finca Vigía.

Blick in die Finca Vigía

Cojímar: der alte Mann und das Meer

Eine der großen Leidenschaften Hemingways war das Fischen. Auf Kuba ging er ihr im kleinen Fischerort Cojímar nach, wo sein Boot „Pilar“ vor Anker lag. Wenn man diesen Ort, der heute als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Kuba gepriesen wird, betritt, wird man erstaunt sein von seiner Einfachheit: Cojímar ist ein kleiner Küstenort, wie er unspektakulärer nicht sein könnte. Aber gerade das war es, was Hemingway suchte und was ihn letztendlich dazu inspirierte, sein bekanntestes Werk zu schreiben: Der alte Mann und das Meer.

Im Restaurant La Terraza mit Blick aufs Meer – heute eine Touristenattraktion - lud er die Fischer des Ortes zu Speisen und Trank ein und teilte mit ihnen Anekdoten über das Leben auf dem Meer. Einer dieser Fischer war Gregorio Fuentes, ein Freund Hemingways, der den Schriftsteller einst aus Seenot gerettet hatte und später zweiter Kapitän seines Bootes „Pilar“ wurde.

Er ist es, der Modell für Santiago gestanden hat, die Hauptfigur von Der alte Mann und das Meer; der glücklose Fischer, für den das Aufgeben nicht in Frage kam. Hemingway vererbte dem gebürtigen Kanarier, der weder lesen noch schreiben konnte und somit niemals den Roman gelesen hat, in dem er verewigt wurde, sein Boot im Hafen von Cojímar. Dieser spendete es jedoch an den kubanischen Staat und heute befindet es sich im Garten von Finca Vigía. 

Die Fischer des Ortes setzten dem Schriftsteller in Cojímar ein Denkmal in Form einer Büste, die aus der geschmolzenen Bronze von Ankern, Schrauben und Ketten alter Fischerboote gegossen wurde.

Ein Besuch von Cojímar ist der unumgängliche Abschluss einer Hemingway-Route auf Kuba, und einer der Orte, der am meisten dazu in der Lage ist, das Werk des Schriftstellers in unserer Fantasie zum Leben erwachen zu lassen. 

Cojímar, Kuba: Hemingway-Büste mit Blick auf das Meer.

Hemingway-Büste in Cojímar


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