Sommerzeit oder nicht: wann und wo ist die Zeitumstellung sinnvoll?
Bei vielen verursacht sie Schlafstörungen, andere freuen sich geradezu darauf. Nicht für jeden ist die Zeitumstellung sinnvoll, und das Thema ist vielerorts komplizierter als man denkt
An der Zeitumstellung scheiden sich auch weiterhin die Geister. Zwar beschloss das EU-Parlament 2019 die Abschaffung der Zeitumstellung, aber seitdem ist nicht viel passiert und die tatsächliche Umsetzung dieses Beschlusses steht in den Sternen. Da die europäischen Staaten im Moment mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben, werden wir also wohl noch etwas länger damit leben müssen, regelmäßig im März und Oktober die Uhren auf Sommerzeit bzw. Winterzeit umzustellen. Aber ist das jetzt wirklich so schlimm? Laut Ergebnissen einer Befragung der Europäischen Kommission ist 84 % der EU-Bevölkerung dafür, die Zeitumstellung abzuschaffen. Allerdings wurde hierbei keine repräsentative Auswahl der Bevölkerung befragt. Ob man die Zeitumstellung sinnvoll findet, hängt sehr vom eigenen Lebensstil, der Arbeit und nicht zuletzt auch vom konkreten Ort ab, an dem man lebt. Denn die Lichtverhältnisse sind nicht überall zur selben Uhrzeit dieselben. Ist die Zeitumstellung sinnvoll? So einfach ist diese Frage also nicht zu beantworten.
Die berühmte astronomische Uhr in Prag
Nicht immer und überall ist die Zeitumstellung sinnvoll
Über eine Einführung der Sommerzeit wurde immer dann nachgedacht, wenn schwere Zeiten anstanden und gespart werden musste. Hierfür ist die Zeitumstellung sinnvoll. So geschah dies im Ersten Weltkrieg, im Zweiten Weltkrieg und zuletzt im Zuge der Ölkrise von 1973. Meistens wurde nach überstandener Krisenzeit die Maßnahme wieder abgeschafft, aber die letzte Einführung der Sommerzeit hat sich bis auf den heutigen Tag hartnäckig gehalten. Viele fordern also die Abschaffung der Zeitumstellung, weil sie nicht mehr zeitgemäß ist und auch, weil Studien zufolge die Energieeinsparung gar nicht so groß ist, wie man sich erhofft hatte.
Dass es ist im Sommer länger hell ist, empfinden viele als angenehm, vor allem im Urlaub
Andere haben sich jedoch im Laufe der Zeit daran gewöhnt und können der Zeitumstellung durchaus Vorteile abgewinnen. Dass es ist im Sommer länger hell ist, empfinden viele als angenehm, vor allem im Urlaub. Wenn man früh aufstehen muss, kann die Helligkeit beim früh zu Bett Gehen jedoch als störend empfunden werden. Der Streit geht deshalb auch darum, ob – wenn die Zeitumstellung denn abgeschafft wird – Sommerzeit oder Winterzeit besser ist. Für Frühaufsteher ist letztere sicher vorzuziehen. Wenn nicht, kann es uns passieren wie in Spanien nach Ende des Bürgerkriegs...
Im Urlaub wird die Sommerzeit als angenehm empfunden
Ein kurioser Fall der Einführung der Sommerzeit: Spanien
Bei einem Urlaub in Spanien sind viele Touristen erstaunt darüber, wie spät Geschäfte und Cafés am Morgen erst öffnen und wie spät sie am Abend schließen. Oft wird das als „südländische Gelassenheit“ belächelt. In Wirklichkeit hat das aber damit zu tun, dass Spanien nicht die Uhrzeit hat, die seiner Zeitzone entspricht. Spanien müsste eigentlich Westeuropäische Zeit, also dieselbe Uhrzeit wie das Nachbarland Portugal oder wie Großbritannien haben. Schuld daran ist die Einführung einer Sommerzeit im Jahre 1940 durch den damaligen Diktator Franco, die eigentlich später wieder rückgängig gemacht werden sollte.
Spanien müsste eigentlich Westeuropäische Zeithaben wie das Nachbarland Portugal
Das Ende der Sommerzeit kam jedoch nie. Als später dann in ganz Europa eine einheitliche Sommerzeit eingeführt wurde, kam für Spanien noch einmal eine zusätzliche Stunde auf die an sich schon vorhandene Zeitverschiebung drauf. Das Resultat ist, dass an einigen Orten Spaniens (Galicien) im Sommer erst um 9:00 morgens die Sonne aufgeht. So ist es kein Wunder, dass die Menschen sich im Laufe der Zeit an einen etwas späteren Lebensrhythmus gewöhnt haben.
Das Kap Finisterre in Galicien: hier wird es im Sommer erst um 10:00 hell
Andere Ausnahmen bei der Zeitumstellung in Europa
Die Zeitumstellung in der EU ist verbindlich. Und auch in den osteuropäischen Ländern ist die Zeitumstellung sinnvoll, so dass die meisten sich ihr freiwillig angeschlossen haben, allerdings mit Ausnahme von Russland, das die Sommerzeit für kurze Zeit einführte, aber bereits 2014 wieder abschaffte. Für einen Urlaub in der Türkei muss man wissen, dass hier seit 2016 dauerhaft die Sommerzeit gilt. Die Schweiz stellt die Uhren um, obwohl sie nicht zur EU gehört, auf Island hingegen gibt es bereits seit 1967 keine Zeitumstellung mehr.
Sonnenaufgang am Bosporus: hier ist immer Sommerzeit
Die Zeitumstellung weltweit: manchmal kommt es zu Verwirrungen
Auf Reisen durchqueren wir oft mehrere Zeitzonen, was an sich schon verwirrend sein kann. Wenn dann noch Zeitumstellungen dazukommen, muss man besonders aufpassen. In manchen (vor allem größeren) Ländern ist es nämlich sogar so, dass nur einige Regionen auf Sommerzeit umstellen, andere nicht. Das hat wohl vor allem damit zu tun, was wir bereits oben erwähnt haben: nicht überall ist die Zeitumstellung sinnvoll.
Besonders kurios ist der Fall der zwei Städte Coolangatta und Tweed Heads in Australien
Besonders kurios ist der Fall der zwei Städte Coolangatta und Tweed Heads in Australien, die direkt nebeneinander liegen, allerdings ersterer im Bundesstaat Queensland (ohne Zeitumstellung) und letzterer in New South Wales (mit Zeitumstellung). Da Australien auf der Südhalbkugel liegt, fällt der Jahreswechsel hier in die Sommerzeit, so dass man in diesen Orten am 31. Dezember zwei Feuerwerke mit einer Stunde Zeitunterschied zu sehen bekommt!
In den USA (wo auch nicht alle Bundesstaaten bei der Zeitumstellung mitmachen) muss man aufpassen, da der Wechsel auf Sommerzeit bzw. auf Winterzeit nicht auf dasselbe Datum fällt wie in Europa. Hier wechselt man am zweiten Sonntag im März und am ersten Sonntag im November.
Die Zeitumstellung in tropischen Ländern
Vor allem in gemäßigten Breiten ist die Zeitumstellung sinnvoll. Je mehr man sich dem Äquator nähert, desto geringer ist der Unterschied zwischen Tag und Nacht und desto weniger sind Phänomene wie Winter- oder Sommersonnenwende zu spüren. Darum ist die Zeitumstellung in tropischen Ländern nicht sehr verbreitet. Der einzige Grund, hier eine Zeitumstellung einzuführen ist eine bessere Koordination mit Nachbarländern oder Handelspartnern. So gilt die Zeitumstellung in Mexiko zum Beispiel nur in den nördlichen Bundesstaaten, um sich an die offizielle Zeit des Nachbarn USA anzupassen. Der für Urlaub in Mexiko beliebte Bundesstaat Quintana Roo auf der Yucatán-Halbinsel kennt dagegen keine Zeitumstellung.
Generell kann es bei einem Urlaub in der Karibik manchmal verwirrend sein: in Kuba gibt es eine Zeitumstellung, aber in der Dominikanischen Republik und Puerto Rico (das zu den USA gehört) nicht. Gerade der März ist eine beliebte Zeit für Karibikreisen, so dass ein Urlaub hier oft in die Zeitumstellung fällt. Das merkt man aber meistens erst, wenn man bei den Lieben zuhause anruft...
An den Stränden der Riviera Maya ist einem die Uhrzeit vollkommen egal