La Graciosa: die kanarische Insel, auf der die Zeit stillsteht

Die kleine Insel vor Lanzarote mit ihren knapp 700 Einwohnern verzaubert ihre Besucher mit einer schroffen Schönheit und einer unglaublichen Ruhe. Ein Ausflug nach La Graciosa ist wie eine kleine Auszeit vom Trubel der Zivilisation

Der rote Berg Montaña Bermeja auf der Insel La Graciosa
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Man meint, alle kanarischen Inseln zu kennen, und dann stößt man auf dieses kleine, unberührte Paradies, das mit seinen 29 Quadratkilometern und kaum 700 Einwohnern einer der letzten bewohnten Orte Europas ist, der ganz ohne Asphalt auskommt: La Graciosa. Ein Spaziergang durch die sandigen Straßen der Hauptsiedlung Caleta del Sebo, die einsamen Strände und schroffen Vulkanlandschaften, und vor allem die unbeschreibliche Ruhe versetzen uns in einen Zustand, in der die Zeit keine Rolle zu spielen scheint. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad bietet die Insel Dutzende von Wanderwegen, auf denen man sich in der Stille und Schönheit der wilden Natur verlieren kann. Bei einem Urlaub auf Lanzarote sollte man sich einen Ausflug zu diesem herrlichen Fleckchen Erde nicht entgehen lassen, denn trotz ihres verschlafenen Charakters liegt La Graciosa weniger als eine halbe Stunde mit der Fähre vom Norden Lanzarotes entfernt. Nie war Inselhopping so einfach: entdecke diese außergewöhnliche Insel vor Lanzarote. 

La Graciosa von einem Aussichtspunkt auf Lanzarote aus gesehen.

So dicht liegt die kleine Insel vor Lanzarote

Die achte kanarische Insel

Erst seit 2018 gilt La Graciosa offiziell als die achte bewohnte Insel der Kanaren. Sie wird deshalb von den Kanariern auch gerne einfach als „die achte Insel“ bezeichnet. Und das, obwohl die Besiedlung von La Graciosa auf Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Zu dieser Zeit wurden die kleinen Fischerdörfer Caleta del Sebo und Pedro Barba gegründet, um den gefangenen Fisch aus den reichen Fischbänken der umgebenden See zu Salzkonserven zu verarbeiten. Caleta del Sebo, der Hauptort der Insel, bewahrt noch heute seinen Charme als Fischerdorf, während Pedro Barba ein Geisterdorf ist, das nur zu touristischen Zwecken erhalten wird. Bis heute gibt es auf La Graciosa keine asphaltierten Straßen, so dass man sich den Luxus gönnen kann, barfuß durch die Gassen beider Orte zu schlendern und sich in eine andere Zeit zurückversetzen zu lassen.

Die weißen Häuser von Pedro Barba mit typischer Vegetation der Insel.

Das Geisterdorf Pedro Barba

Das Chinijo-Archipel

La Graciosa gehört zum sogenannten Archipel der „Islas Chinijas“. „Chinijo“ bedeutet im Dialekt von Lanzarote so viel wie „klein“, man könne den Namen also mit „die kleinen Inseln“ übersetzen. La Graciosa ist die einzige bewohnte Insel dieses Archipels. Bei den anderen – Alegranza, Montaña Clara, Roque del Este und Roque del Oeste – handelt es sich um kleine unbewohnte Eilande mit einer unberührten Natur und einer besonders spektakulären Meeresfauna- und Flora. Die Inseln bilden gemeinsam ein gewaltiges Natur- und Meeresschutzgebiet, eines der größten Europas, das sich über 70.700 Hektar erstreckt und zudem die Kernzone eines Biosphärenreservats bildet. Es beherbergt die größte marine Artenvielfalt der Kanarischen Inseln.

Die Inseln des Chinijo-Archipels aus der Vogelperspektive.

Fünf Inseln bilden den Chinijo-Archipel

Wie kommt man von Lanzarote nach La Graciosa

La Graciosa kann man nur auf dem Seeweg erreichen, was einen großen Teil ihres Reizes ausmacht. Zum Glück fahren täglich mehrere Fähren von Lanzarote nach La Graciosa, die die Strecke in weniger als einer halben Stunde zurücklegen. Die Fähre legt im Hafen von Órzola ab und bringt uns direkt nach Caleta del Sebo, wo wir auf viele nützliche Einrichtungen wie Touristeninformation, Fahrradverleih, Tauchzentrum, Restaurants, etc. treffen, und das somit der ideale Ausgangspunkt ist, um die Insel zu erkunden.

Die Fähre legt im Hafen von Órzola ab und bringt uns direkt nach Caleta del Sebo

Wenn du ein besonderes Interesse an speziellen Orten der Küste der Insel oder auch anderer Inseln des Chinijo-Archipels hast, kann ein privater Katamaran- oder Bootsausflug von Lanzarote aus ebenfalls eine tolle Option sein. So kann man in kürzerer Zeit mehr interessante Orte in und um die Insel entdecken, da die schönsten Strände und andere Sehenswürdigkeiten gezielt angesteuert werden können. 

Sandige Straße in Caleta del Sebo, Kanarische Inseln.

Häuser in Caleta del Sebo

La Graciosa: Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten

Um die Insel zu entdecken, kann man sich auf verschiedene Arten fortbewegen. Es gibt mehrere, gut ausgeschilderte Wanderwege, die sowohl durch das Inland als auch an der Küste entlang führen. Eine besonders beliebte Option ist auch das Fahrrad, da man die Sehenswürdigkeiten von La Graciosa hiermit schnell erreicht, was von Vorteil ist, wenn man nur einen Tag auf der Insel ist. Eine noch schnellere Option sind die hier angebotenen Jeep-Taxis, die auch den Zugang zu einigen der schroffsten und kompliziertesten Landschaften der Insel ermöglichen. Wenn du dich erstmal für ein Fortbewegungsmittel entschieden hast, kann es losgehen.

Montaña Amarilla und die Strände des Südens

Von Caleta del Sebo aus trennt uns ein 4 km langer Spaziergang entlang der Küste von der schönen und einsamen Landschaft im Süden von La Graciosa. Dort erwartet uns der Montaña Amarilla, ein alter Vulkan, dessen eindrucksvolle Farbe einen Kontrast zum Blau des Himmels und dem Türkis des Meeres bildet. Der Legende nach soll die Zauberin Armida den Kreuzfahrer Reinald, in den sie sich verliebt hatte, auf den Gipfel dieses Berges entführt und in einem üppigen Garten gefangen gehalten haben, der von einem Drachen, einem Löwen und einem verzauberten Brunnen bewacht wurde. Zugegebenermaßen steht diese Legende im Kontrast zu der kargen Realität des Gipfels, auf dem fast keine Vegetation zu erkennen ist. 

Um den Montaña Amarilla ranken sich Legenden

Der Weg endet am Playa de la Francesa, einem breiten, weißen Sandstrand, den wir normalerweise niemals menschenleer antreffen, da hier viele Ausflugsboote aus der Gegend anlegen. An seinem Ende jedoch führt ein schmaler Pfad zu einer schönen, einsamen Bucht am Fuße des Montaña Amarilla: dem Playa de la Cocina.

Unberührter Strand auf der Insel La Graciosa.

Der Playa de la Francesa

Zu den zerklüfteten Stränden des Nordens von La Graciosa

Das Innere der Insel lässt sich am besten mit dem Fahrrad erkunden, das man in Caleta del Sebo mieten kann. Von hier aus geht es auf gut ausgeschilderten Wegen in den Norden von La Graciosa. Nachdem wir die beiden höchsten Erhebungen des Zentrums der Insel hinter uns gelassen haben – die vulkanischen Calderas von Aguja Grande und Aguja Chica –, geht es zum wilden Strand von Baja del Ganado an der Nordküste. Von diesem Strand aus, an dem sich Sand und Vulkangestein vermischen, haben wir einen spektakulären Blick auf die nahe gelegene Insel Montaña Clara. Etwas weiter nördlich befindet sich der Playa de las Conchas, ein riesiger, einsamer Sandstrand, der von starken Meeresströmungen durchzogen ist und an dem man sich leicht wie ein Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel fühlen kann.

Am Playa de las Conchas kann man sich leicht wie ein Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel fühlen

Entlang der Küste treffen wir auf eines der Wahrzeichen der Insel La Graciosa: Los Arcos de los Caletones. Dies sind natürliche Basaltbögen, die durch die Erosion der Wellen des darunter fließenden Meeres entstanden sind. Und ein Stück weiter den Playa del Ámbar, der ebenfalls den atlantischen Strömungen ausgesetzt und von Sanddünen umgeben ist. Auf dem Rückweg nach Caleta del Sebo kommen wir an dem anderen Ort der Insel vorbei, an dem die Zivilisation Einzug gehalten hat: das Dorf Pedro Barba, eine Geisterstadt mit nur einer Handvoll kleiner weißer Häuser.

Natürliches Schwimmbecken und Strand auf der Insel La Graciosa.

Der Playa de las Conchas

Tauchen und Natur entdecken auf La Graciosa

Wie bereits erwähnt, steht das gesamte Chinijo-Archipel unter Naturschutz, sowohl die Landfläche als auch die Unterwasserwelt. An Land treffen wir auf eine Natur, die wie die ihrer großen Schwester Lanzarote vom vulkanischen Ursprung geprägt ist und verschiedene endemische Arten, vor allem in der Pflanzenwelt, hervorgebracht hat. Außerdem ist La Graciosa ein wichtiges Vogelschutzgebiet.

Die Unterwasserwelt des Chinijo-Archipels ist von besonderem ökologischem Wert

Von besonderem ökologischem Wert ist jedoch die Unterwasserwelt, die durch das Meeresschutzgebiet Isla Graciosa y Islotes del Norte de Lanzarote geschützt wird. Die milde Meerestemperatur rund um diesen Archipel begünstigt die Vermehrung zahlreicher Pflanzen- und Tierarten. Dazu gehört auch die Krustenanemone (Savalia savaglia), eine besondere orangefarbenen Korallenart, die vor der Küste der Inseln in besonderer Fülle anzutreffen ist. Aufgrund der spektakulären Unterwasserwelt, die neben ihrem großen Artenreichtum auch interessante geologische Formationen wie Höhlen, Felsspalten, Bögen, Labyrinthe und Tunnel beherbergt, wird La Graciosa gezielt als Ziel zum Tauchen angesteuert. In Caleta del Sebo befindet sich ein Tauchzentrum, aber es werden auch Tauchausflüge von Lanzarote aus angeboten.

Segeln und Katamarantouren im Chinijo-Archipel

Bootsausflüge, die La Graciosa und den Archipel umrunden, sind eine tolle Option, um mehrere Aktivitäten miteinander zu verbinden. So kann man an verschiedenen Stellen von Bord gehen, um die Strände und die Schönheit der Umgebung zu genießen, und das Ganze eventuell mit einem kleinen Tauchgang oder einer Wanderung verbinden. Eines ist sicher: welche Aktivität du auch immer wählst, La Graciosa wird dich nicht enttäuschen.


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