Die Serra de Tramuntana: Wandern im UNESCO-Welterbegebiet

Seit 2011 ist die Sierra der Tramontana in Mallorca Weltkulturerbe der UNESCO in der Kategorie „Kulturlandschaft“. Weshalb diese Auszeichnung für ein Gebiet, das bei uns eher als Naturlandschaft bekannt ist? Die Serra de Tramuntana ist seit Jahrtausenden von Menschen bewohnt und bewirtschaftet worden, und das hat seine Spuren hinterlassen. Allerdings scheinen diese Spuren harmonisch mit der Natur verwachsen zu sein. Beim Wandern im Tramuntana-Gebirge empfindet das Auge die Terrassenfelder, Trockensteinmauern oder Karrenwege nicht als störende Elemente in der Landschaft, sondern als wären sie auf natürliche Weise den Bergen entsprungen.

Die Serra de Tramuntana ist damit ein Beispiel für eine gelungene Symbiose von Mensch und Natur. In einer Gegend, in der das Wasser knapp und die Umstände widrig sind, haben die Menschen es verstanden, Systeme zur besonders effizienten Nutzung der Ressourcen zu entwickeln. Dies ist es, was die UNESCO bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat.

Dem aufmerksamen Betrachter sind auf Mallorca bestimmt die vielfältigen Mauern aus Trockenstein aufgefallen, die ganz ohne jegliche Art von Bindemittel auskommen. Diese Art der Konstruktion ist ein Erbe der prähistorischen Talayot-Kultur, die sich auf Mallorca zwischen dem 13. und dem 2. Jahrhundert v. Chr. entwickelt hat. Sie ist nach den turmartigen runden oder rechteckigen Bauten aus prähistorischer Zeit ernannt, die man sowohl auf Mallorca als auch auf Menorca antrifft. Bei Wanderungen im Tramuntana-Gebirge kann man ein wahres Netzwerk aus Trockensteinbauten entdecken, von Wegen, über Stützmauern der Felder bis hin zu Konstruktionen zur Wasserregulierung. 

Deshalb erhielt der erste Fernwanderweg auf Mallorca – der GR-221 - durch die Serra de Tramuntana den Beinamen „Ruta de Pedra en Sec“ – Trockenmauerweg. Auf Mallorca gibt es bisher zwei Fernwanderwege. Der andere (Gr-222) führt ebenfalls durch das Tramuntana-Gebirge von Artà nach Lluc. Der GR-221 führt über elf Etappen, die man natürlich auch einzeln bewältigen kann, von Port d’Andratx nach Pollença.

Es müssen nicht unbedingt die höchsten Gipfel und steilsten Abhänge sein, wenn man im Tramuntana-Gebirge wandern möchte. Es gibt auch besonders reizende Wanderwege durch landwirtschaftlich erschlossene Gebiete. Die berühmten Terrassenfelder und ausgeklügelten Bewässerungssysteme der Serra de Tramuntana stammen aus der Zeit der arabischen Besatzung der Insel. Kein Wunder, da die Araber bekannt sind für ihre historisch hochentwickelte Wasserkultur. 

Was früher einen rein praktischen Nutzen hatte, bietet dem heutigen Betrachter einen besonders reizvollen Anblick. Vor allem, wenn man zur Mandelblüte auf Mallorca ist. Dann werden große Teile der Sierra de Tramontana von einem weiß-rosa Blütenmeer bedeckt, das Wandern auf Mallorca im Februar zu einem Traum macht. Eine besonders schöne Route durch historische Terrassenfelder ist der Alte Postweg von Esporles nach Banyalbufar, der nicht besonders schwierig und die perfekte Wahl zum Genusswandern auf Mallorca ist. 

Neben Kulturlandschaften und spektakulärer Naturschönheit beherbergt die Serra de Tramuntana auch einige der schönsten Dörfer Mallorcas sowie einige bedeutende Kulturdenkmäler, die man natürlich direkt mit dem Mietwagen ansteuern kann, zu denen aber immer auch herrliche Wanderwege durch das Tramuntana-Gebirge führen. Ein besonders schönes Beispiel ist das Santuari de Lluc (Kloster Lluc), zu dem als Wallfahrtsort verschiedene Pilgerwege führen, das aber ebenfalls am Fernwanderweg GR-221 liegt.

Auch die berühmte Kartause von Valldemossa, in der Frédéric Chopin und George Sand den Winter von 1838/1839 verbrachten, kann man auf einer Traumtana-Wanderung erreichen, etwa ab Port de Sóller oder ab Deià. Der Ort Valldemossa liegt zudem in einer traumhaften Landschaft, und so sind auch Wanderungen von hier aus sehr beliebt, zum Beispiel der lange Rundwanderweg mit Ausgangs- und Endpunkt in Valldemossa, der an den von Erzherzog Ludwig Salvator angelegten Reitwegen entlang führt.

Natürlich ist die Serra de Tramuntana auch ein perfektes Gebiet zum Bergwandern auf Mallorca. Obwohl sie im Ganzen nur 90 km lang und etwa 15 km breit ist, hat sie eine ganze Reihe an wunderschönen Gipfeln zu bieten, worunter ganze 54 über 1000 m hoch sind. Vor der Besteigung sollte man sich gut über den Schwierigkeitsgrad informieren, da einige Routen wie die zum Puig de Massanella, dem zweithöchsten Berg der Insel, oder dem Puig Tomir recht anspruchsvoll sein können. Insbesondere im Sommer, wenn man über der Baumgrenze nicht mehr mit Schatten rechnen kann. Einfacher zu erklimmende Gipfel der Serra de Tramuntana sind zum Beispiel der markante Puig de Galatzó (1027 m) oder der Puig de L‘Ofre (1.093 m), der eine spektakuläre Aussicht über das Tramuntana-Gebirge zu bieten hat.

Generell braucht man keine Spezialausrüstung zum Wandern in der Tramuntana, denn die meisten Steigungen werden auf steilen Wegen überwunden, ohne dass richtig geklettert werden muss. Höchster Berg von Mallorca ist mit 1445 m der Puig Major. Dieser ist auch heute noch militärisches Sperrgebiet, allerdings ist es seit 2011 möglich, eine Sondergenehmigung für die Besteigung zu beantragen.

Einer der großen Reize dieses Gebirges ist, dass es eine Vielzahl an herrlichen versteckten Buchten beherbergt, in denen man nach der anstrengenden Wanderung ein erfrischendes Bad nehmen kann. Und nicht nur das: Man kann auch direkt zu vielen Calas der Serra de Tramuntana wandern, da nicht wenige Wanderrouten sie als Zielpunkt haben. Zu dem Genuss des kristallklaren Wassers kommt dabei die überragende Kulisse der Bergwelt im Hintergrund. Am eindrucksvollsten ist in diesem Sinne die berühmte Cala de Sa Calobra, die man in den trockenen Monaten über die anspruchsvolle Route durch den Torrente de Pareis mit seinen bis zu 400 m hohen Felswänden erreichen kann.

Aber es gibt auch einfachere Tramuntana-Wanderungen in diese kleinen Paradiese. Sehr schön ist zum Beispiel die Route vom Mirador de Ses Barques in die herrliche Cala Tuent bei Sóller. Oder auch die besonders einfache Wanderung von Port de Pollensa nach Cala Bóquer. Etwas anspruchsvoller aufgrund der Länge ist der spektakuläre Küstenwanderweg von Port de Sóller in die Cala Dèia. Aufgepasst: Es gibt mehrere Routen von Sóller nach Dèia, aber der Weg entlang der Küste ist mit seinen herrlichen Ausblicken über das Mittelmeer und die Berge besonders reizvoll.

Nicht zuletzt muss auch die besonders interessante Geologie der Serra de Tramuntana erwähnt werden. An vielen Orten hat die Erosion im porösen Karstgestein des Gebirges Höhlen entstehen lassen wie die spektakulären Tropfsteinhöhlen von Campanet zu Füßen des Puig de Sant Miquel, für die man Eintritt bezahlen muss. Es gibt aber auch unbekanntere Höhlen, die man auf verschiedenen Wanderrouten durch die Serra de Tramuntana erreichen kann, wie etwa die Cova des Coloms, die zudem auch auf dem Seeweg zu erreichen ist.

Wenn du im Winter in der Serra de Tramuntana Urlaub machst, führt eine besonders schöne Wanderung zu Ses Fonts Ufanes, einem Naturdenkmal in der Nähe von Campanet, das aus sprudelnden Quellen besteht, die nur dann zu sehen sind, wenn der Grundwasserspiegel unter dem Puig Tomir überläuft. Ein besonders exklusives Schauspiel der Natur!

Die nördlichste Spitze des Tramuntana-Gebirges und gleichzeitig der Insel Mallorca ist das Cap Formentor. Diese beeindruckend schöne Steilküste wird von den Mallorquinern „Treffpunkt der Winde“ genannt und ist ein besonders magischer Ort. Die Halbinsel von Formentor zeichnet sich zudem durch eine unsagbar schöne Natur aus und eignet sich besonders gut zum Wandern im Norden Mallorcas.

Eine Wanderung zum Cap Formentor ist sehr empfehlenswert, da zwar auch eine Straße dorthin führt, die aber des großen Andrangs wegen in der Hauptsaison nur von Shuttle-Bussen benutzt werden darf. Diese Tour ist übrigens auch bei Radfahrern sehr beliebt. Eine andere Tour führt von der Cala San Vicenç zum Puig de Cornavaques (548 m), und auch von Port de Pollença aus gibt es viele schöne Routen.