Die spanische Tortilla: Originalrezept und wissenswerte Fakten
Sie sieht so einfach aus, und doch hat sie es in sich! Um eine authentische spanische Tortilla zuzubereiten, muss man einige Kniffe kennen
Zusammen mit der Paella gehört die spanische Tortilla zu den bekanntesten spanischen Gerichten weltweit (auch gelegentlich als „spanisches Omelett“). Mit einigen regionalen Unterschieden erfreut sie sich im ganzen Land großer Beliebtheit und ist zudem Gegenstand verschiedener nationaler kulinarischer Debatten, wie zum Beispiel der berühmten „Zwiebel-Frage“ (Tortilla mit oder ohne Zwiebel?). Wenn du bei deinem letzten Urlaub in Spanien eine echte spanische Tortilla probiert hast und sie zuhause nachkochen möchtest, findest du hier ein paar Tipps und Hintergrundinformationen zu diesem traditionsreichen Gericht.
Wann und wo wurde die spanische Tortilla erfunden?
Die genaue Herkunft der Kartoffel-Tortilla ist nicht hundertprozentig geklärt. Es ist bekannt, dass die Kartoffel aus Amerika kommt, und bereits die Ureinwohner bereiteten zur Zeit der Eroberung verschiedene Arten von Omeletts mit Gemüse zu. Auf die Idee, Eier und Kartoffeln miteinander zu kombinieren, kam man jedoch erst sehr viel später. In den ersten 200 Jahren nach der Entdeckung wurden in Europa nämlich gar keine Kartoffeln gegessen, da man annahm, dass sie nicht für den menschlichen Verzehr geeignet wären, weil sie in der Erde wachsen. Die Kartoffel wurde daher anfangs in Europa nur als Tierfutter verwendet. Erst im 18. Jahrhundert begann man langsam - zunächst in Frankreich - Kartoffeln für verschiedene Gerichte einzusetzen.
Die älteste Erwähnung einer Tortilla de patatas wie man sie heute kennt, stammt aus einem Dokument aus 1798 und gibt als Ursprungsort die Stadt Villanueva de la Serena in Badajoz, Extremadura, an
Die älteste Erwähnung einer Tortilla de patatas wie man sie heute kennt, stammt aus einem Dokument aus 1798 und gibt als Ursprungsort die Stadt Villanueva de la Serena in Badajoz, Extremadura an, so dass allgemein angenommen wird, dass die spanische Tortilla ursprünglich aus dieser Region kommt. Zumindest, bis ein Gegenbeweis gefunden wird.
Die Tortilla española gehört zu den beliebtesten spanischen Tapas
Grundzutaten der Tortilla española: mit oder ohne Zwiebeln?
Wenn man einen Spanier nach den Grundzutaten der Tortilla fragt, hängt seine Antwort wahrscheinlich davon ab, wo er herkommt, und auch ein bisschen vom persönlichen Geschmack. In Andalusien wird die Tortilla mit Kartoffeln, Eiern und Olivenöl zubereitet; ein Baske hingegen würde niemals die Zwiebel weggelassen.
Je weiter man Richtung Norden kommt, desto weiter ist die spanische Tortilla mit Zwiebel verbreitet, im Süden hält man das eher für eine extravagante Variante
Je weiter man Richtung Norden kommt, desto weiter ist die spanische Tortilla mit Zwiebel verbreitet, im Süden hält man das eher für eine extravagante Variante. Die Zwiebel gibt der Tortilla einen leicht süßlichen Touch, den viele zu schätzen wissen. Nicht wenige Chefköche wie unter anderem der populäre Starkoch Dabiz Muñoz sind jedoch der Meinung, dass die Zwiebel den authentischen Geschmack der Eier und der Kartoffel verfälscht und das Resultat „weder Fisch noch Fleisch“ ist. Wenn du dir deine eigene Meinung bilden willst, gibt es nur eines: ausprobieren!
Ei muss auf jeden Fall dabei sein, die Zwiebel ist optional
Mengenverhältnis der Tortilla: Kartoffeln, Ei (und Zwiebel) im richtigen Verhältnis
Das Mengenverhältnis bei der Tortilla mit Kartoffeln und Ei ist ein bisschen Erfahrungs- und Geschmackssache. Es muss genug Ei vorhanden sein, damit die Tortilla schön saftig ist und nicht auseinanderfällt, aber auch genug Kartoffeln, damit sie ihre typische feste Konsistenz erhält. Als wortwörtliche „Faustregel“ gilt, dass man pro Ei eine etwa faustgroße Kartoffel nimmt. Manche mögen die spanische Tortilla allerdings besonders saftig und nehmen im Verhältnis mehr Ei. Der berühmte spanische Fernsehkoch Karlos Arguiñano zum Beispiel schwört auf die „Regel 6 + 3 + 1“: Sechs Eier, drei Kartoffeln, eine Zwiebel. Mehr als eine Kartoffel pro Ei sollte man eher nicht nehmen, da die Wahrscheinlichkeit dann größer ist, dass die Tortilla auseinanderfällt.
Original spanische Tortilla: die Zubereitung
Im Grunde ist das spanische Tortilla-Rezept ganz einfach. Die Kartoffeln werden geschält und in dünne ebenmäßige Scheiben geschnitten. Diese werden dann gesalzen und frittiert bzw. in der Pfanne mit Olivenöl weich gebraten. Danach lässt man sie auf Papier abtropfen. Auf der anderen Seite wird das Ei ebenfalls gesalzen und aufgeschlagen. Wenn die Kartoffeln ein bisschen abgekühlt sind wird beides gut gemischt. Dann wird Öl in einer Pfanne erhitzt und die Kartoffel-Ei-Masse hineingegeben. Wenn das Ei ein bisschen gestockt ist, dreht man die Tortilla mithilfe eines Tellers um und lässt sie weiter stocken. Diese Aktion wird mehrere Male wiederholt, bis ein schöner runder Kuchen entstanden ist, der auf beiden Seiten leicht gebräunt ist.
Wenn man die spanische Tortilla mit Zwiebel zubereiten möchte (siehe oben), muss man diese klein schneiden und getrennt von den restlichen Zutaten langsam mit Öl in einer Pfanne weich braten. Sie wird dann mit dem Ei unter die Kartoffeln gemischt, bevor alles zusammen in die Pfanne kommt.
Die Kartoffel-Tortilla wird in Spanien gerne auf Brot gegessen
Wenden der Tortilla
Dies ist der schwierigste Moment in der Zubereitung der Tortilla. Die ersten Male kann es sein, dass es dir nicht gleich gelingt. Keine Bange, es braucht ein bisschen Übung. Dass das Wenden der Tortilla nicht so leicht ist, erkennt man schon daran, dass es auf dem Markt spezielle Doppelpfannen für spanische Tortilla gibt, die man zuklappen kann. Traditionell nimmt man aber einfach einen Teller oder einen Deckel, der ein bisschen breiter ist als die Pfanne. Zwei Hauptgefahren gibt es hierbei: dass die Tortilla dir anbrennt und schwarz wird oder dass sie beim Umdrehen auseinanderfällt. Am besten verwendet man eine beschichtete Pfanne und mittlere Hitze, so dass die Tortilla zwar nicht anbrennt, aber das Ei schnell genug stockt, um sie wenden zu können. Wenn man keine beschichtete Pfanne hat, besteht ein Trick darin, dass Olivenöl stark zu erhitzen und das Feuer genau in dem Moment, in dem man die Kartoffel-Ei-Masse in die Pfanne gießt, runterzudrehen.
Den richtigen Moment, die Tortilla zum ersten Mal zu wenden, erkennt man daran, dass der Rand gestockt ist und sich zu wölben beginnt
Den richtigen Moment, die Tortilla zum ersten Mal zu wenden, erkennt man daran, dass der Rand gestockt ist und sich zu wölben beginnt. Sollte die Tortilla beim ersten Wenden ein bisschen auseinanderfallen oder etwas an der Pfanne kleben bleiben, keine Bange, das kann man noch reparieren. Einfach das Angebackte ein bisschen lockern, die Masse (umgedreht) wieder hineingießen und alles ein bisschen in die richtige Form schieben. Wie lange man die Tortilla in der Pfanne lässt bzw. wie oft man sie umdreht, hängt davon ab, ob man das Ei innen eher weich oder hart haben möchte (siehe nächster Absatz).
Kartoffel-Tortilla mit hartem oder weichem Ei
Was den Garpunkt der Eier betrifft, so gibt es zwei unterschiedliche Varianten der Tortilla: eine, bei der das Ei noch ein bisschen weich ist und beim Aufschneiden aus der Tortilla herausläuft. Und eine andere, bei der das Ei vollkommen gestockt und die Tortilla relativ fest ist. Letztere Variante wird in Spanien tortilla de playa (Strand-Tortilla) genannt, weil es praktischer ist, sie an den Strand mitzunehmen und in kleinen Häppchen zu essen.
Letztere Variante wird in Spanien tortilla de playa (Strand-Tortilla) genannt, weil es praktischer ist, sie an den Strand mitzunehmen und in kleinen Häppchen zu essen
Nebenbei sei bemerkt, dass es eine alteingesessene Tradition in Spanien ist, Tortilla mit an den Strand zu nehmen. Es gibt sogar eine Redewendung, die lautet: más antiguo que llevar tortilla a la playa (älter, als eine Tortilla zum Strand mitzunehmen), die man anwendet, wenn man etwas als einen alten Hut bezeichnen will. Die spanische Tortilla, die innen noch weich ist, wird von vielen geschmacklich bevorzugt und wird vor allem zuhause gegessen (am Tisch und mit Messer und Gabel). Natürlich müssen die Eier hierfür besonders frisch sein.
Viele bevorzugen die Tortilla mit noch etwas flüssigem Ei
Varianten der Tortilla española
Wie alle traditionellen Gerichte hat natürlich auch die spanische Tortilla im Laufe der Zeit Varianten entwickelt, die sowohl die Art der Zubereitung als auch die Zutaten betreffen.
Zubereitung der Kartoffeln
Traditionell werden die Kartoffeln für die spanische Tortilla in der Pfanne gebraten, aber im Zuge eines gesünderen Lebenswandels sind einige dazu übergegangen, die Tortilla mit gekochten Kartoffeln zuzubereiten. Diese Variante ist um einiges weniger geschmacksintensiv, hat aber natürlich viel weniger Fett. Puristen können mit dieser Art der Tortilla wenig anfangen. Eine Zwischenlösung besteht darin, die Kartoffelscheiben im Backofen zu garen. Das ist nicht sehr traditionell, kommt dem Original aber geschmacklich näher als die gekochten Kartoffeln. Eine besonders moderne Variante ist die Tortilla mit Kartoffelchips, für die unter anderem der spanische Starkoch Ferran Adrià bekannt ist. Diese Variante ist ideal, wenn man eine schnelle spanische Tortilla zubereiten möchte, aber auch hier würden Puristen nur den Kopf schütteln.
Variation der Zutaten
Ähnlich wie die Paella verträgt auch die Tortilla die Zufügung weiterer Zutaten, vor allem verschiedene Gemüsesorten wie zum Beispiel Erbsen oder Paprika. Für die spanische Tortilla mit Gemüse sollte es ein eher festes Gemüse sein, da ein wässriges Gemüse wie Tomaten die Konsistenz der Tortilla zunichtemachen würde. Egal, welches Gemüse man hinzufügt, es muss immer erst gegart und dann zur Kartoffel-Ei-Masse hinzugefügt werden, denn alleine die Hitze beim Stocken der Tortilla reicht nicht aus, um das Gemüse zu garen. Einige verwenden statt Zwiebel übrigens auch gepressten Knoblauch, um der Tortilla ein leichtes Knoblaucharoma zu verleihen.
Größe der Tortilla
Für eine Standard-Tortilla werden etwa sechs Eier verwendet. Wenn man einen starken Arm hat, kann man die Tortilla natürlich auch ein bisschen größer machen, mit acht oder sogar zehn Eiern. Ein Spezialfall ist die Doppeldecker-Tortilla: In zwei unterschiedlichen Pfannen wird gleichzeitig je eine Tortilla auf einer Seite gegart und dann die eine auf die andere gelegt, so dass eine besonders dicke Tortilla, etwa in Form einer holländischen Käsekugel entsteht. In vielen spanischen Restaurants wird diese Spezialität angeboten.
Und dann muss man noch den Fall der Riesen-Tortillas erwähnen, die vor allem bei Volksfesten und Rekordversuchen in riesigen Pfannen zubereitet werden. Witzigerweise ist Guinness-Weltrekordhalter hierbei die japanische Stadt Yokohama. Ein Versuch im spanischen Vitoria, den Weltrekord zu brechen, scheiterte vorerst.