Die Talayot-Kultur auf Menorca: prähistorische Stätten von Weltrang
Was lange als Geheimtipp für Kulturfreaks galt, hat endlich seine gebührende Anerkennung erhalten. Die Erklärung der vorgeschichtlichen Denkmäler auf Menorca – Talayots, Navetas, Taulas und andere faszinierende Steinbauten – zum Weltkulturerbe durch die UNESCO sollte für jeden ein Anlass sein, bei einem Urlaub auf der Insel das geheimnisumwobene Vermächtnis der Ur-Menorquiner zu entdecken
Menorca ist berühmt für ihre paradiesischen Strände, pittoresken Dörfer und Unternehmungen für die ganze Familie. Was aber nicht jeder weiß: Menorca ist auch ein riesiges Freilichtmuseum mit einer unglaublichen Dichte an Denkmälern aus der Vor- und Frühgeschichte. Über die ganze Insel verstreut (vor allem aber im Süden) befinden sich Steinbauten mit einem Alter von teilweise über 3000 Jahren, die dem Zahn der Zeit, den Witterungen und der Eroberung der Insel durch verschiedene Völker standgehalten haben. Diese ungewöhnliche Dichte an vorgeschichtlichen Bauten, zusammen mit ihren einzigartigen architektonischen Elementen, ist der Grund, weshalb die UNESCO die Zeugen der Talayot-Kultur auf Menorca zum Weltkulturerbe erklärt hat. Wenn du bei deinem Urlaub auf der Insel einige davon entdecken möchtest, ist die Auswahl groß. Es gibt auf Menorca Tayalots, Navetas und viele andere Bauten dieser geheimnisumwobenen Kultur zu entdecken, und dank ihrer gleichmäßigen Verteilung findest du immer eines in deiner Nähe.
Megalithen in Torre d'en Galmés
Besonderheiten der Talayot-Kultur auf Menorca
Trotz der zahlreichen Monumente, die die Ureinwohner der Balearen auf den Inseln Menorca und Mallorca hinterlassen haben, gibt die Talayot-Kultur den Wissenschaftlern noch immer viele Rätsel auf. So weiß man beispielsweise nicht, wo genau die ersten Siedler Menorcas herkamen, obwohl als wahrscheinlichste Herkunft der Löwengolf im heutigen Südfrankreich gilt.
Ihre Architektur weist zudem verschiedene Besonderheiten auf. So verwendeten sie neben megalithischen Bauten aus der Frühzeit vor allem das sogenannte Zyklopenmauerwerk. Dies ist eine Technik, bei der besonders große Steine ganz ohne jegliches Bindemittel sorgfältig ineinandergefügt werden, um Mauern zu bauen, die bis auf den heutigen Tag stehen geblieben sind. Diese Art der Baukunst kennt man aus verschiedenen Regionen wie zum Beispiel Griechenland oder Galicien, aber einige der Konstruktionen der Talayot-Kultur, wie zum Beispiel die Navetas, sind einzigartig in der Welt. Andere, wie die Taulas, findet man sogar nur auf Menorca (nicht einmal auf der Nachbarinsel Mallorca).
Einige der Konstruktionen der Talayot-Kultur, wie zum Beispiel die Navetas, sind einzigartig in der Welt
In der Talayot-Kultur werden verschiedene Arten von Bauten unterschieden. Die wichtigsten davon sind:
- Dolmengräber: Dies sind die ältesten Monumente der Talayot-Kultur auf Menorca. Sie stammen aus der frühesten Entwicklungsperiode (etwa 2.100 bis 1.600 v. Chr.) und bestehen in der Regel aus einer einzigen Kammer mit einem Zugangskorridor.
- Navetas: Dies waren die ersten Bauwerke, die mit der zyklopischen Technik errichtet wurden. Es gab Navetas, die als Wohnraum dienten und andere, die als Gräber verwendet wurden. Letztere haben die Form eines umgedrehten Bootes und sind in ihrer Art einzigartig in der Welt.
- Talayots (oder kat. Talaiots): Dies ist das charakteristischste und rätselhafteste Bauwerk, und dasjenige, das der Kultur ihren Namen gegeben hat. Die Talayots erscheinen zum ersten Mal um 500 v. Chr. und ihre Funktion ist bis heute nicht unumstritten geklärt. Es handelt sich um monumentale, kegelstumpfförmige Bauwerke mit etwa kreisförmigem Grundriss. Ihr Name leitet sich vom katalanischen Wort talaia („Wachturm“) ab, aber es ist nicht klar, dass es sich dabei wirklich um Wachtürme handelte.
- Hypogäen und Felsengräber: Die Ureinwohner Menorcas verwendeten anfangs natürliche Höhlen, später (etwa zeitgleich zum Auftreten der Talayots) auch künstliche Höhlen oder Hypogäen. Diese bildeten gemeinsam ausgedehnte Nekropolen, von denen heute noch verschiedene auf der Insel zu besichtigen sind.
- Taulas: Ein weiteres einzigartiges Element der Talayot-Kultur, das zudem nur auf der Insel Menorca (nicht auf Mallorca) vorkommt. Diese Art Konstruktion besteht aus zwei großen Platten, die in Form eines riesigen „T“ aufgestellt werden. Der Name leitet sich von katalanisch „Tisch“ ab, aber über die Funktion sind sich die Wissenschaftler nicht eindeutig im Klaren. Es gilt als wahrscheinlich, dass sie eine rein rituelle Funktion hatten.
Talayot
Die wichtigsten prähistorischen archäologischen Stätten auf Menorca
Wenn dein Interesse geweckt ist, findest du hier einige der wichtigsten prähistorischen archäologischen Stätten auf Menorca, die einen Besuch wert sind.
Naveta des Tudons
Die Naveta des Tudons ist eine Grabanlage, die von den Bewohnern der dazugehörigen Siedlung zwischen 1200 und 750 v. Chr. genutzt wurde und deren Name "Die Naveta der Waldtauben" bedeutet. Es handelt sich um ein Sammelgrab, in dem die Überreste von mindestens 100 Personen gefunden wurden, sowie Gegenstände aus deren Grabbeigaben, die von Bronzearmbändern bis hin zu Knöpfen aus Knochen oder Keramikelementen reichen. Es wurde 1950 restauriert und ist eines der am besten erhaltenen prähistorischen Bauwerke auf Menorca und der Iberischen Halbinsel insgesamt.
Die berühmte Naveta des Tudons
Torre d'en Galmés
Bei Torre d'en Galmés handelt es sich um eine der größten archäologischen Siedlungen der Balearen. Sie befindet sich auf einem Hügel, von dem aus man einen beeindruckenden Blick auf die Küste von Menorca hat. Auf der Spitze des Hügels befinden sich die öffentlichen Bereiche, zu denen drei Talayots und die Taula gehören. In Richtung des Südhangs des Hügels erstreckte sich die eigentliche Siedlung mit Wohnhäusern mit runder Form und mehreren Zimmern.
Taulas in Torre d'en Galmés
Trepucó
Auch die Siedlung von Trepucó beeindruckt durch ihre Größte mit einer ursprünglichen Fläche von etwa 49 240 m2. Heute ist nur noch ein kleiner Teil der Siedlung erhalten: die beiden Talayots, die ältesten Gebäude (1000-700 v. Chr.), einige Mauerabschnitte, zwei Türme, die Taula – die als eines der wichtigsten Monumente der Insel gilt – und einige Reste von Häusern.
Trepucó
Prähistorische Siedlung Son Catlar
Die aus großen Steinblöcken errichteten Mauern von Son Catlar mit einer Länge von 1 km und einer Breite von 2 m umschließen praktisch das gesamte gleichnamige Dorf. An den Mauern befinden sich Bastionen und Wachtürme, die zur Verteidigung des Inneren der Siedlung dienten, sowie ein Eingangskorridor, der sich in einem erstaunlichen Erhaltungszustand befindet. Das Innere hingegen hat dem Zahn der Zeit nicht ganz so gut standgehalten, obwohl die Überreste von 4 Talayots, das Taula-Heiligtum und einige Monolithen noch klar zu erkennen sind.
Torralba d'en Salort
Torralba d'en Salort ist eine der größten und am besten erhaltenen Siedlungen aus der Zeit der Talayot-Kultur auf Menorca. Sie ist ebenfalls eine der schönsten und komplexesten und besteht aus zwei Talayots, einer spektakulären Taula, einem Hypostylonsaal (Säulensaal), mehreren prähistorischen Häusern, einer Zyklopenmauer und einem Gebäude, das eventuell aus dem Mittelalter stammt. Die Stätte Torralba d'en Salort ist nämlich von der frühen Bronzezeit bis zum Mittelalter (13. Jahrhundert), einschließlich der Eisenzeit und der Romanisierung, bewohnt gewesen. Auch wenn das genaue Datum mehrerer Bauwerke nicht bekannt ist, weiß man, dass ihre große Pracht mit der punischen Expansion zusammenfiel, obwohl die erste Besiedlung wohl bereits im 13. Jh. v. Chr. geschehen ist. Torralba d'en Salort ist bei weitem eine der am besten erforschten und wertvollsten Stätten der Insel.
Taula in Torralba d'en Salort
Nekropole Calescoves
Diese prähistorische Nekropole ist nicht zuletzt aufgrund ihrer spektakulären natürlichen Umgebung sehr sehenswert. Es gibt etwa 90 Gräber, die in die Felsen des Tals und die Küstenmauern gegraben wurden, wo die Gemeinden ihre Toten bestatteten. Calescoves wurde fast 1000 Jahre lang genutzt, vom 11. Jahrhundert v. Chr. bis zur Römerzeit.
Obwohl die Höhle während der Römerzeit ihre Funktion als Begräbnisstätte verlor, zeugen eine Reihe von Inschriften an den Höhlenwänden von ihrem Wert als Wallfahrtsort, wie die berühmte Cova dels Jurats. Calescoves war ebenfalls ein wichtiger Hafen, insbesondere zwischen dem 4. Jahrhundert v. Chr. und dem 6. Jahrhundert n. Chr., wo Schiffe der wichtigsten Handelsmächte des Mittelmeers vor Anker gingen.
Nekropole Calescoves